21
Mai
2007

durch fremde federn

Die Pfauen und die Krähe

Eine stolze Krähe schmückte sich mit den ausgefallenen Federn der farbigen Pfaue und mischte sich kühn, als sie genug geschmückt zu sein glaubte, unter diese glänzenden Vögel der Juno. Sie ward erkannt, und schnell fielen die Pfaue mit scharfen Schnäbeln auf sie, ihr den betrügerischen Putz auszureißen.

"Lasset nach!" schrie sie endlich, "ihr habt nun alle das Eurige wieder." Doch die Pfaue, welche einige von den eigenen glänzenden Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten, versetzten: "Schweig, armselige Närrin, auch diese können nicht dein sein!" - und hackten weiter.

Lessing

lob

Die Nuß und die Katze

»Gewiß, Herr Wirt, dies Obst ist nicht für meinen Magen.
Denn wenn ich mir, es frei zu sagen,
Ja eine Baumfrucht loben muß,
So lob ich mir die welsche Nuß.
Die schmeckt doch noch! – Bei meiner Treu!
Der zartste Apfel kömmt der Nuß, der Nuß nicht bei.«
Ein Kätzchen, das der Wirtin Liebe
Nie mit Gewalt zum Mausen triebe,
Und itzt in ihrem Schoße saß,
War schlau, vernahm und merkte das.
»Was?« dacht es, »eine Nuß soll so vortrefflich schmecken?
Halt! diese Wahrheit soll mein Maul gleich selbst entdecken.«
Es sprang vom Schoße weg, und lief dem Garten zu.
Nu, Katze, nu, wie dumm bist du!
Der schönen Chloris Schoß um eine Nuß zu lassen?
Wärst du ein junger Herr, wie würde sie dich hassen!
Nein, Schönen, räumet mir nur diesen Ort erst ein;
So wahr er mich ergetzt, ich will kein Kätzchen sein.
Doch dieses sag ich nur so im Vorübergehen.
Horcht! ich erzähle fort. Beim Garten blieb ich stehen?
Nicht? Ja. Wohl gut. Hier fand der Katze Lüsternheit
Beim nächsten Nußbaum nun, worauf sie sich gefreut.
Wollt ihr etwan ein Bild zu meiner Fabel malen:
So malt die Nüsse ja noch in den grünen Schalen,
Die unsre Katze fand. Darauf kömmt alles an.
Denn als sie kaum darein den ersten Biß getan,
So schnaubt und sprudelt sie, als wenn sie Glas gefressen.
»Dich«, spricht sie, »lobt der Mensch: so mag er dich auch essen.
Oh! pfui, was muß er nicht für eine Zunge haben!
An solcher Säure sich zu laben!«
*
O schweig nur dummes Tier!
Du schmähst zur Ungebühr,
Du hättest auf den Kern nur erstlich kommen sollen,
Denn den, die Schale nicht, hat Lydas loben wollen!

Lessing

unterschied

Der Adler und die Eule
Der Adler Jupiters und Pallas Eule stritten.
»Abscheulich Nachtgespenst!« – »Bescheidner, darf ich bitten.
Der Himmel heget mich und dich;
Was bist du also mehr, als ich?«
Der Adler sprach: Wahr ists, im Himmel sind wir beide;
Doch mit dem Unterscheide:
Ich kam durch eignen Flug,
Wohin dich deine Göttin trug.

Lessing

kunstrichter

Der Sperling und die Feldmaus
Zur Feldmaus sprach ein Spatz: Sieh dort den Adler sitzen!
Sieh, weil du ihn noch siehst! er wiegt den Körper schon;
Bereit zum kühnen Flug, bekannt mit Sonn und Blitzen,
Zielt er nach Jovis Thron.
Doch wette, – seh ich schon nicht adlermäßig aus –
Ich flieg ihm gleich. – Fleug, Prahler, rief die Maus.
Indes flog jener auf, kühn auf geprüfte Schwingen;
Und dieser wagts, ihm nachzudringen.
Doch kaum, daß ihr ungleicher Flug
Sie beide bis zur Höh gemeiner Bäume trug,
Als beide sich dem Blick der blöden Maus entzogen,
Und beide, wie sie schloß, gleich unermeßlich flogen.
*
Ein unbiegsamer F* will kühn wie Milton singen.
Nach dem er Richter wählt, nach dem wirds ihm gelingen.

Lessing

staatskünstler

Der Tanzbär

Ein Tanzbär war der Kett entrissen,
Kam wieder in den Wald zurück,
Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück
Auf den gewohnten Hinterfüßen.
»Seht«, schrie er, »das ist Kunst; das lernt man in der Welt.
Tut mir es nach, wenns euch gefällt,
Und wenn ihr könnt!« »Geh«, brummt ein alter Bär,
»Dergleichen Kunst, sie sei so schwer,
Sie sei so rar sie sei!
Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei.«
*
Ein großer Hofmann sein,
Ein Mann, dem Schmeichelei und List
Statt Witz und Tugend ist;
Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt,
Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt,
Ein solcher Mann, ein großer Hofmann

Lessing

demonstration

Der Hirsch und der Fuchs


»Hirsch, wahrlich, das begreif ich nicht«,
Hört ich den Fuchs zum Hirsche sagen,
»Wie dir der Mut so sehr gebricht?
Der kleinste Windhund kann dich jagen.
Besieh dich doch, wie groß du bist!
Und sollt es dir an Stärke fehlen?
Den größten Hund, so stark er ist,
Kann dein Geweih mit einem Stoß entseelen.
Uns Füchsen muß man wohl die Schwachheit übersehn;
Wir sind zu schwach zum widerstehn.
Doch daß ein Hirsch nicht weichen muß,
Ist sonnenklar. Hör meinen Schluß.
Ist jemand stärker, als sein Feind,
Der braucht sich nicht vor ihm zurückzuziehen;
Du bist den Hunden nun weit überlegen, Freund:
Und folglich darfst du niemals fliehen.«
»Gewiß, ich hab es nie so reiflich überlegt.
Von nun an«, sprach der Hirsch, »sieht man mich unbewegt,
Wenn Hund' und Jäger auf mich fallen;
Nun widersteh ich allen.«

Zum Unglück, daß Dianens Schar
So nah mit ihren Hunden war.
Sie bellen, und sobald der Wald
Von ihrem Bellen widerschallt,
Fliehn schnell der schwache Fuchs und starke Hirsch davon.

*
Natur tut allzeit mehr, als Demonstration.

Lessing

ruhmbetrieb

Der Löwe und die Mücke


Ein junger Held vom muntern Heere,
Das nur der Sonnenschein belebt,
Und das mit saugendem Gewehre
Nach Ruhm gestochner Beulen strebt,
Doch die man noch zum großen Glücke
Durch zwei Paar Strümpfe hindern kann,
Der junge Held war eine Mücke.
Hört meines Helden Taten an!
Auf ihren Kreuz- und Ritterzügen
Fand sie, entfernt von ihrer Schar,
Im Schlummer einen Löwen liegen,
Der von der Jagd entkräftet war.
Seht, Schwestern, dort den Löwen schlafen,
Schrie sie die Schwestern gaukelnd an.
Jetzt will ich hin, und will ihn strafen.
Er soll mir bluten, der Tyrann!

Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge
Setzt sie sich auf des Königs Schwanz.
Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge,
Stolz auf den sauern Lorbeerkranz.
Der Löwe will sich nicht bewegen?
Wie? ist er tot? Das heiß ich Wut!
Zu mördrisch war der Mücke Degen:
Doch sagt, ob er nicht Wunder tut?

»Ich bin es, die den Wald befreiet,
Wo seine Mordsucht sonst getobt.
Seht, Schwestern, den der Tiger scheuet,
Der stirbt! Mein Stachel sei gelobt!«
Die Schwestern jauchzen, voll Vergnügen,
Um ihre laute Siegerin.
Wie? Löwen, Löwen zu besiegen!
Wie, Schwester, kam dir das in Sinn?

»Ja, Schwestern, wagen muß man! wagen!
Ich hätt es selber nicht gedacht.
Auf! lasset uns mehr Feinde schlagen.
Der Anfang ist zu schön gemacht.«
Doch unter diesen Siegesliedern,
Da jede von Triumphen sprach,
Erwacht der matte Löwe wieder,
Und eilt erquickt dem Raube nach.

Lessing

gleichheit

was sagt ein löffel zu der gabel,
die ihm gleichwerden möchte?
wie kommentiert diesen dialog ein messer?

was hat grimms herr korbes getan?
warum malträtierten ihn seine tiere und seine dinge?

14
Mai
2007

fabelhafter aesthetizismus

Aesop

Der Fuchs und die Büste

Die Großen sind zumeist nur Masken. Ihr Gepränge
macht Eindruck höchstens bei der Menge.
Der Esel urteilt nur nach äußrem Schein:
der Fuchs dagegen prüft genau und sicher,
er dreht die Masken um, und sieht er ein,
ihr Wert sei nur ein äußerlicher,
dann sagt er, was ihn höchst gelungnem Scherz
er einmal sprach vor einem Heldenbild von Erz.
Ein hohles Brustbild war's und überlebensgroß.
Die Arbeit lobt der Fuchs, es stört ihn eines bloß.
»Ein schöner Kopf«, sagt er, »doch kein Gehirn darin.«

Wie viele große Herrn sind Büsten in dem Sinn!

13
Mai
2007

rattenhaft

eine müde, hungrige wanderratte
schleppte sich in die küche
eines alten kochs
und bat ihn um den schönsten käse
den er gerade seiner herrschaft
auftischen wollte
such dein fressen unter deinesgleichen
lachte der koch
du bist ein häßlicher, verachtenswerter unmensch
brüllte die ratte

14
Apr
2007

schmeichelhaft

La Fontaine

Der Rabe und der Fuchs

Ein Rabe saß auf einem Baum und hielt im Schnabel einen Käse; den wollte er verzehren. Da kam ein Fuchs daher, der vom Geruch des Käses angelockt war.
»Ah, guten Tag, Herr von Rabe!« rief der Fuchs. »Wie wunderbar Sie aussehen! Wenn Ihr Gesang ebenso schön ist wie Ihr Gefieder, dann sind Sie der Schönste von allen hier im Walde!«
Das schmeichelte dem Raben, und das Herz schlug ihm vor Freude höher. Um nun auch seine schöne Stimme zu zeigen, machte er den Schnabel weit auf - da fiel der Käse hinunter.
Der Fuchs schnappte ihn auf und sagte:
»Mein guter Mann, nun haben Sie es selbst erfahren: ein Schmeichler lebt auf Kosten dessen, der ihn anhört - diese Lehre ist mit einem Käse wohl nicht zu teuer bezahlt.«
Der Rabe, bestürzt und beschämt, schwur sich zu, daß man ihn so nicht wieder anführen sollte - aber es war ein bißchen zu spät.

***
Ein rabe lachte sich
in seinem sturznestbaum
einen ast ab
da kam ein fuchtelfunktionärfuchs
daher und untersagte ihm
jegliches gelächter
über die gemeinnützigkeit
des funktionärfuchshoheitswesens
darf ich ihnen meinen käse
zu ihren diäten anbieten
hoheit fuchtelfuchs
fragte lachend der rabe
oder hätten sie lieber
honig ums maul
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trinken
na, dann viel freude beim versuch das sternenmilchstraßenmeer au szusaufen...
parallalie - 12. Sep, 03:38
w e r weiß,
daß die älteste freilebende nachtigall neun jahre...
nightingale2 - 12. Aug, 03:43
als total um erbarmende...
empfinde ich diese sätze und auch die von Bruno Lampe in...
parallalie - 9. Aug, 07:45
radeln
welches rad benutzt du für diese reise, lieber Hans-Heinrich? :-)...
Kapuzinerkueche - 7. Jul, 10:36
wer
ist die beute (sore) ;-)
nightingale3 - 18. Mai, 12:47

putzlos:los,los, putz!

es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch an das licht der sonnen. flüsterten die tanzenden wollmäuse auf der scheuerleiste den schaukelnden spinnwebengirlanden unter der decke zu

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